Heinz Martin Lonquich gestorben

Das „Neue Geistliche Lied“ und der AK SINGLES haben ihm viel zu verdanken

„Er gab dem Glauben neue Töne“  –

so überschreibt der Kölner Stadt-Anzeiger am 25. Juli seinen Nachruf auf den Kölner Komponisten, Kirchenmusiker und Diakon Heinz Martin Lonquich, der am 23. Juli 2014 im Alter von 77 Jahren gestorben ist.

Mit dem Arbeitskreis SINGLES war Lonquich über viele Jahre eng, aktiv und freundschaftlich verbunden. Unzählige Male hat sich die SINGLES-Liedblattredaktion in seiner Wohnung an St. Nikolaus in Köln-Sülz während seiner aktiven Zeit als dortiger Kantor und Diakon getroffen, um neue vorgeschlagene Lieder, nicht zuletzt auch aus seiner Feder, zu sichten und – oft leidenschaftlich –zu diskutieren. Heinz Martin hatte hohe Qualitätsansprüche, verbunden mit einer Art erzieherischem Impetus: Weil ihm einiges aus der Frühzeit des so genannten “Neuen Geistlichen Liedes“ zu seicht erschien, wollte er textlich wie kompositorisch Hochwertiges dagegen setzen und dieser kirchenmusikalischen Gattung zu einer Anerkennung verhelfen, die ihr von vielen seiner „gestandenen“ und etablierten Kirchenmusiker-Kollegen lange versagt blieb.

Ein „Missverständnis“?

Mit seinem Schaffen gehört er zu den wichtigen kirchenmusikalischen Komponisten unserer Zeit, wobei er, was Ausbildung und erste Berufstätigkeiten angeht, aber gar nicht aus diesem Bereich, sondern „vom Theater“ kommt. Und Heinz Martin Lonquich war schon gar kein „NGL-Mann“. Ihn auf ein Genre festlegen zu wollen, hieße, ihn nicht zu verstehen. So hat er auch uns gegenüber schmunzelnd klargestellt: Dass ihn einige zu einem „NGL-Komponisten“ machten, sei „ein Missverständnis“! In der Studienzeit hatte Heinz Martin Lonquich auch Kontakt zu einem der wichtigsten “Väter“ und Wegbereiter des „Sacro-Pop“, Peter Janssens, den er in einer eigenartigen Mischung aus Bewunderung und Skepsis doch sehr schätzte.

Viele Lieder

Der Arbeitskreis SINGLES verdankt Heinz Martin Lonquich aber nicht nur das Wachhalten eines (auch selbst-)kritischen Geistes, sondern auch ganz handfest viel musikalisches Material. An anderer Stelle und von anderen, die das Lonquich’sche Oeuvre würdigen werden, wird von seiner zeitgenössischen, „modernen“, nicht immer leicht zugänglichen Komponierweise die Rede sein, insbesondere in seinen Vertonungen biblischer und mystischer Texte. Sicher auch sein „Hauptberuf“ als sozusagen ganz normaler Gemeinde-Kirchenmusiker hat ihn aber auch immer „einfache“ Formen, insbesondere (Gemeinde-) Lieder, erfinden lassen, viele davon – in einem fast unverwechselbaren Personalstil – eben auch in den SINGLES-Liedblättern zu finden. Einen Höhepunkt stellt die 1992 vom AK mit produzierte Sammlung „Gehet hin in alle Welt“ dar, die 40 Lieder und Kanons auf einer Musik-Cassette und einer begleitenden 83-seitigen Partitur bietet, darunter das Osterlied „Seht der Stein ist weggerückt“, das „Pfingstlied heute: Die Wunder von damals müssen’s nicht sein“ (beide Texte von Lothar Zenetti) und „Hoffen wider alle Hoffnung“, dessen Text von ihm selber verfasst wurde.

Handschrift

Viele Ausgaben der 1977 auch von Heinz Martin Lonquich mit begründeten SINGLES-Liedblatt-Reihe tragen bis in die 90er Jahre hinein auch in einem sehr wörtlich zu nehmenden Sinn seine Handschrift: Er schrieb seine Werke – natürlich – handschriftlich auf, und das gelang ihm hinsichtlich Schreibgeschwindigkeit wie Präzision in phänomenaler Weise. Hierfür mag ein ganz „kleiner“ Kanon als Beleg stehen: „Fremdsein überwinden“, als Erst­veröffentlichung abgedruckt in der im August 1992 erschienenen Liedblatt-Doppelnummer 38/39. Dieses kleine Stück ist auch deshalb bemerkenswert, als der Text von Uwe Seidel stammt, der zu dieser Zeit Pfarrer der zum selben Stadtbezirk wie St. Nikolaus gehörenden evangelischen Johanneskirchen-Gemeinde war und der – wenn auch auf andere Weise als Lonquich – zu den für das Genre „NGL“ ganz wichtigen Persönlichkeiten gehörte (verstorben 2007).

Groß und großartig: Die „Kölner Domfest-Messe 1980“

Der AK SINGLES und sein Träger, der BDKJ im Erzbistum Köln, können durchaus stolz darauf sein, eines der großartigsten Werke Lonquichs mit angestoßen zu haben: Die große, aus Anlass der 100-Jahr-Feier der Vollendung des Kölner Doms 1980 geschaffene „Kölner Domfest-Messe ‚Wo Jahr und Tag nicht zählt’“ (Text: Klaus Lüchtefeld), uraufgeführt beim Jugend- und Ausländertag im Rahmen dieser Feier! Bedingt durch den „großen“ Anlass sind auch die sieben Messteile „groß“ angelegt: Eine Fülle musikalischer Überlieferungen – Gregorianik, Popularmusik, Anklänge an ostkirchliche Liturgiegesänge und lateinamerikanische Rhythmen – stehen nebeneinander und sind miteinander verwoben, ohne dabei jedoch eine einfache Mitsingbarkeit der Melodien auszuschließen – das ist große, mitreißende Kunst! Der AK hat über viele Jahre die Tonaufnahme in Form einer LP und das äußerst umfangreiche und differenzierte Notenmaterial („Kleine- / Mittlere- / Große Fassung“!) verlegt und vertrieben (bis die Rechte anderweitig vergeben wurden).

Ein „Hoffnungs-Nachruf“

Heinz Martin Lonquich war – was sich ja nicht ausschließen muss – ein freier und frommer Geist. Ein von ihm selbst verfasster (und natürlich auch vertonter) Liedtext möge angesichts seines irdischen Todes seine und unsere zuversichtliche Hoffnung ausdrücken, „dass es dennoch weitergeht“!

Hoffen wider alle Hoffnung,

glauben, dass es dennoch weitergeht

Lieben, wo es beinah nicht mehr möglich,

damit die Welt auch morgen noch besteht.

 

Fühlen, wo Gefühle sterben,

Licht sehn da, wo alles dunkel scheint.

Handeln, anstatt tatenlos zu trauern,

trösten auch den, der ohne Tränen weint.

 

Wach sein, Zeichen klar erkennen,

helfen trotz der eignen großen Not.

Aufstehn gegen Unrecht, Mord und Lüge,

nicht einfach schweigen, wo die Welt bedroht.

 

Trauen dem, der uns gesagt hat:

„Seht doch, ich bin bei euch alle Zeit.“

Mit uns ist er auch in unserm Suchen,

bis wir ihn schaun im Licht der Ewigkeit.

in SINGLES-Liedblatt 31, Nr. 272, und in SINGLES-PHONO-REIHE 7 Gehet hin in alle Welt, Lied Nr. 4

für den AK SINGLES

im BDKJ im Erzbistum Köln

 Peter Deckert

Hinweis: Knappe, präzise Angaben zu Lonquichs Leben und Werk bietet – mit einschlägigen Verweisen – der Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Heinz_Martin_Lonquich.